Heimat, Heimaten, heimatlos

Beitrag vom 19.12.2023

Projekttag in Loccum zu einem vielschichtigen Begriff

Heimat – Was bedeutet das für mich und wie verorten andere diesen Begriff? Kann man mehrere Heimaten haben? Wie wird der Begriff politisch instrumentalisiert? Mit diesen und weiteren Fragen setzten sich am 5. Dezember 2023 Schüler*innen der Antirassismus-AG eines Gymnasiums im Rahmen des Projekttags „Heimat³“ auseinander. Angeleitet wurde der Workshop, der ganztätig im Denkhaus Loccum stattfand, von Jugendbildungsreferentin Tina Kortsch. 

Inhaltlich beleuchtete das Format den Begriff Heimat von drei verschiedenen Seiten – daher Heimat³. Ziel war es, die Jugendlichen zur Reflexion anzuregen und sie gleichzeitig für die Diskussionen rund um das Konzept Heimat zu sensibilisieren. Außerdem sollten sich die Teilnehmenden mit der Frage beschäftigen, wie Mitmenschen vor Ort mehr eingebunden werden könnten, um z. B. ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl oder Engagement zu schaffen und um die Region hinsichtlich ihrer Angebote und Akteure weiter zu entdecken. 

Nach dem Kennenlernen stand in Block I neben einer ersten Klärung der eigenen Vorstellungen von Heimat und dessen Relevanz für sich selbst ein inhaltlicher Einstieg in das Konzept Heimat im Fokus. Es wurden Funktionen und Ebenen, aber auch verschiedene Elemente beleuchtet, die Heimat zu einem großen Ganzen werden lassen. Hierzu zählten z. B. emotionale Aspekte, Personen und Erinnerungen, aber auch an verschiedene Orte gebundene Gedanken.

Der zweite Block begann mit einem Input zur Politisierung und Instrumentalisierung des Begriffs bzw. Konzepts – insbesondere durch Strömungen und Gruppierungen der (extremen) Rechten. Dabei wurde auch die Schwierigkeit und Exklusivität hinter „Wir/Meine Heimat <-> die Anderen“ besprochen. Dies sensibilisierte u.a. dafür, dass der Begriff diskutiert wird und oftmals negativ besetzt sowie umstritten ist. Daran anknüpfend befassten sich die Teilnehmenden in einer Gruppenarbeit mit der Frage, ob sich aus „Heimat“ auch Rechte, Pflichten oder Erwartungen ergeben können. Daraus folgten Überlegungen dazu, was vielleicht von außen an Personen herangetragen wird, was aber auch von innen und aus eigenem Antrieb erwachsen kann.

Im dritten Block sollten die Teilnehmenden ein Verständnis dafür entwickeln, dass im Einwanderungsland Deutschland viele Menschen leben, die oder deren Familien „Heimat“ für sich vielfältig verorten. Der Fokus lag auf migrierten und geflüchteten Menschen, die kurz- oder auch langfristig in Deutschland leb(t)en. Die Schüler*innen bearbeiteten Statements von unterschiedlichen Personen mit Blick auf Hintergründe, Emotionen und mit Heimat verbundene Schlagworte. Damit hing die Frage zusammen, ob man z. B. mehrere Heimaten oder gar keine Heimat haben kann oder ob Heimat wählbar ist. 
Als Zwischenergebnis der drei Heimat-Perspektiven diskutierten die Teilnehmenden, ob der „Heimat“-Begriff noch gebraucht werde oder ersetzbar sei.

Daran schloss eine Ideenwerkstatt an, bei der sich die Teilnehmenden mit Aktionen und Projekten in der Region sowie mit eigenen Ideen auseinandersetzten, wie Menschen vor Ort mehr zusammengebracht und eingebunden werden könnten, z. B. um ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln, sich besser kennenzulernen, sich einzubringen und um Menschen „mitzunehmen“.

Vielen Dank für einen intensiven, erkenntnisreichen Tag zu einem spannenden Thema!

Text: Tina Kortsch, Jugendbildungsreferentin, Denkhaus Loccum e. V.

Foto: Tina Kortsch